Denn zum anderen ist intelligente und präzise Handarbeit gerade
bei der Herstellung zukunftsweisender High-Tech-Produkte an
individueller Qualität nicht zu überbieten.So wird der Z8 gebaut: Ein Auto von Könnern für Kenner.
Der Karosseriebau: Herausforderung Aluminium
Für den Z8 fertigt BMW erstmals eine Karosserie in einer neuen,
anspruchsvollen Aluminium-Spaceframe-Technologie. Es ist das erste
komplette Aluminiumfahrzeug in diesem Marktsegment durch Einsatz eines
Strangpressprofil-Grundrahmens ohne Gussknoten. Die beim Z8 angewandte
Technik besteht aus Strangpressprofilen, die wie das Fachwerk eines
Hauses den "Rahmen" bilden, und Blechschalenteilen.
Strangpressprofile und Blechschalenteile werden mit rund 1000
Stanznieten und 57 Metern Schmelzschweißnaht (MIG) zum Spaceframe
verbunden. Die Vorteile dieser Bauweise liegen in höchstmöglicher
Steifigkeit und passiver Sicherheit bei einem offenen Sportwagen,
verbunden mit geringem Gewicht. Ein fahrfertiger Z8 bringt gerade mal
1585 Kilogramm Leergewicht auf die Waage - ein Leichtgewicht in seiner
Klasse.
Die Entstehung eines Z8 beginnt mit einem Puzzle aus rund 400
Aluminium-Teilen, die rund 100 Mann in zwei Schichten im Werk
Dingolfing zu einer Aluminiumkarosserie zusammenfügen. Und das heißt
vor allem Schweißen. Allerdings haben Stahl- und Aluminiumschweißen
etwa soviel gemeinsam wie Führerschein und Formel 1-Lizenz: So
reizvoll das Leichtmetall für den Konstrukteur ist, so schwer ist es
zu verarbeiten. Allein schon der Umgang mit den Aluminium-Rohteilen
verlangt besondere Sorgfalt: Ein Fingerabdruck an der späteren
Nahtstelle beeinträchtigt den Schmelzvorgang, was der Profi sofort an
der veränderten Flammenfarbe des Lichtbogens bemerkt. Und
Aluminiumschweißnähte kann man nur zweimal nacharbeiten, dann hat
sich ihr Gefüge so verändert, dass sie die Anforderungen nicht mehr
erfüllen.
Aber auch unter optimalen Voraussetzungen, wie sie in der Z8
Produktion gewährleistet sind, ist Alu-Schweißen eine Sache für
Spezialisten. So müssen die Schweißparameter exakt auf die
Materialstärke abgestimmt sein, sonst brennt der Lichtbogen entweder
ein Loch ins Blech oder die Teile werden nur schlecht verklebt statt
verschmolzen.
Die Dingolfinger Alu-Spezialisten sind freilich bestens
vorbereitet. So können sie bereits auf Erfahrungen bei der
Achsenfertigung für den 5er zurückgreifen. Zusätzlich wurden sie
auf ihre Einsatzgebiete speziell vorbereitet, gezielt geschult und
ausgebildet, zum Beispiel in einer fünfwöchigen MIG (Metall Inert
Gas = Schweißen unter Schutzgas) und WIG (Wolfram Inert Gas)
Aluminium Schweißerausbildung. Die Mitarbeiter wurden bereits in den
Aufbau der Prototypen integriert und waren somit in der frühen Phase
mit den Eigenheiten des Werkstoffes und des Prozesses konfrontiert.
Außerdem wurden vor dem Serienstart rund 100 Karosserien in den
Rohbauserienanlagen gefertigt.
Vor Arbeitsbeginn ziehen die Schweißspezialisten tagtäglich eine
Probenaht, die anschließend fachmännisch begutachtet wird. Das
stellt sicher, dass sowohl der Mitarbeiter als auch das Gerät in Z8
Form sind - also topfit. Dementsprechend sind auch die Arbeitsplätze
ausgestattet. Die Vorrichtungen für die Rohbauteile sind schwenkbar
ausgelegt, um eine gute Zugänglichkeit und somit die beste
Schweißnahtqualität zu garantieren. Weil sich beim Schweißen von
Aluminium Ozon bildet, wurde in der Fertigungshalle zum Schutz der
Werker eine speziell auf Aluminium abgestimmte Schweißrauchabsaugung
installiert, ergänzt durch belüftete Schweißhelme.
Derartige Schutzmaßnahmen sind für die Arbeitsplätze der
Nietspezialisten nicht notwendig - die qualitativen Anforderungen an
die Mitarbeiter sind jedoch identisch hoch. Denn auch bei dieser
Verbindungstechnik kommt es auf präzises Arbeiten an, und zwar an
jedem der rund 1000 Stanzpunkte. Schließlich ist die Niettechnologie
fast nur noch dem Namen nach eine solche. Einer der wesentlichen
Unterschiede: Der Niet wird beim Einpressen in das Material verformt,
ohne dass er dabei auf der Rückseite des Werkstücks austritt. Das
Ergebnis ist eine hochfeste Verbindung, die auch den extremen
Anforderungen des Z8 genügt. Dafür muss der Mann an der Nietzange
sein Werkzeug so exakt ansetzen, dass der Niet rechtwinklig durch die
Blechpaarung gedrückt wird. Keine einfache Aufgabe, denn die
Nietflächen liegen praktisch in allen räumlichen Ebenen.
Selbstverständlich dauert der Arbeitstakt hier deutlich länger als
bei einer Großserien-Produktion. Pro Tag werden rund zehn Autos
gebaut. Auch hier kommen die Mitarbeiter zum größten Teil aus der
8er Fertigung und sind sich der anspruchsvollen Aufgabe bewusst, die
sie auch zu erfüllen in der Lage sind.
Am Ende des Karosserieaufbaus folgt das Einschweißen der
Gewindebolzen, an denen später Anbauteile wie Brems-leitungen oder
Verkleidungen angebracht werden: Der einzige Job, den bei Aufbau der
Z8 Rohkarosse Roboter übernehmen. Das hat zwei Gründe: Zum einen
voll-ziehen die Automaten jeden einprogrammierten Schritt mit
unschlagbarer Wiederholgenauigkeit. Deshalb setzt BMW beim
Bolzenschweißen generell Roboter ein - unabhängig von der
Stückzahl. Zum anderen dienen die Maschinen auch als Pioniere: Mit
ihnen wird erprobt, wie sich die Produktion von Aluminiumbauteilen
optimal automatisieren lässt und welche speziellen Voraussetzungen
dabei berücksichtigt werden müssen. Erfahrungswerte, die für den
absehbaren zunehmenden Einsatz von Leichtmetallen im Automobilbau
unverzichtbar sind.
Schließlich wird jede Rohkarosserie auf ihre Maßhaltigkeit
überprüft, bevor Türen, Klappen und Seitenwände angeschraubt
werden. Dann folgt der große Abschlußcheck, bei dem auch
Fingerspitzengefühl und Augenmaß gefragt sind: Wieder ein Job nur
für Spezialisten. Jede kleine Unebenheit in den Formblechen von
Türen, Kotflügeln oder Klappen, jeder Materialfehler wird hier im
grellen Licht spezieller Scheinwerfer unbarmherzig gesucht und
egalisiert. Und zwar bei jedem einzelnen Auto. Anhand von Prüflehren
messen die Profis Spaltmaße und Passgenauigkeit, allein der Sitz der
Frontklappe wird beispielsweise an neun Messpunkten mit dem Mikrometer
kontrolliert und dokumentiert. Wo notwendig wird per Hand
nachgeschliffen, dann geht die Karosserie wie die Großserienfahrzeuge
in die Lackiererei; außer einmal am Tag, wenn eine Rohkarosserie zum
Audit in einen speziellen Messraum gebeten und an 1200 Punkten penibel
genau nachgemessen wird - eine siebenstündige Prozedur. Mit immer
demselben Ergebnis: Qualität lässt sich zwar prüfen, aber nur wenn
sie auch produziert wurde.
Die Z8 Montage: Maximale Qualität
Hat die Karosserie eines Z8 alle diese Arbeitsschritte hinter sich,
wird sie zur endgültigen Montage ins BMW Werk München transportiert.
Sie dort bis zum fertigen Auto zu komplettieren, hat einen guten
Grund: Schon vor mehr als zehn Jahren sammelte BMW hier in seinem
Stammwerk wichtige Erfahrungen mit dem Z1 auf dem Gebiet der
Kleinserienfertigung.
Indes - nicht nur die Rohkarosserie, auch andere Komponenten des Z8
kommen aus Handarbeit-Produktion in die Montagehalle nach München. So
liefert das BMW Werk Landshut die weitgehend manuell montierten,
kompletten Stoß-fänger des Z8 für vorne und hinten sowie die
Schweller und die Heckscheiben-rahmen in allen Serien- und
Sonderfarben. Und auch das Herzstück des Z8 entsteht unter den
Händen von ausgesuchten Spezialisten: Der 400 PS-Achtzylinder wird im
Münchner Sondermotorenbau mit großer Sorgfalt gefertigt. Den Job der
mechanischen Bearbeitung des Motorblocks und des Zylinderkopfs
übernehmen dabei hochflexible Bearbeitungszentren mit Linearantrieben
(Trans-Rapid-Technologie). Sie gewährleisten nicht nur höchste
Bearbeitungs-geschwindigkeiten, sondern vor allem absolute Präzision.
In der anschließenden Motorenmontage entsteht dann unter den Händen
der Spezialisten des Sondermotorenbaus aus 1200 Einzelteilen das Z8
Triebwerk. Insgesamt hat der Z8 Motor 39 Arbeitstakte, jeder dauert
rund acht Minuten.
Alle Motoren gehen durch zwei Tests, zuerst durch einen
20-minütigen Heißtest auf einem Motorenprüfstand, bei dem der Motor
erstmals mit eigener Kraft läuft. Dabei werden über 100
Motorparameter erfaßt und dokumentiert. Der zweite Test erfolgt dann
im Verbund mit dem gesamtem Antriebsstrang bei der Probefahrt.
Zieladresse von Karosserie und Komponenten ist das ehemalige
Pilotwerk mitten im BMW Stammwerk, in dem früher die Produktion neuer
Modelle vor Serienanlauf geprobt wurde. Für die Montage des Z8 wurde
ein separater Bereich geschaffen, der abgetrennt ist von der
3er-Serienproduktion. Dabei sind die einzelnen Stationen, die jedes
Auto durchläuft, auf drei Etagen in einem Gebäude untergebracht. In
insgesamt 31 Arbeitstakten entsteht hier aus der fertig lackierten
Rohkarosserie der Z8.
Dies beginnt damit, dass der Z8 Körper zunächst wieder zerlegt
wird: Die Türen werden abgenommen und separat komplettiert. Als
erstes kommen Steuergeräte, Kabelbaum und andere
Elektronikkomponenten sowie die Schallisolierung in die Karosserie.
Weiter geht's mit dem Einbau des Tanks und der Pedalerie, der Benzin-
und Bremsleitungen.
Nun tritt der Z8 per Lift die Reise vom Erd- ins erste Obergeschoss
an. Dort wartet die Innenausstattung: Teppiche, Interieur,
Instrumententafel, Verdeck, Frontscheibe und Sitze werden montiert.
Das heißt: viele Materialien, noch mehr Kontaktfugen und teils
empfindliche Bauteile in jeder Größenordnung. Deshalb werden auch
hier nur Mitarbeiter eingesetzt, die für Sorgfalt, Augenmaß und eine
ruhige Hand bekannt sind. Denn das ganze Ensemble soll hinterher nicht
nur am richtigen Platz sitzen, sondern auch unter jedem Blickwinkel
Perfektion ausstrahlen. Deshalb ist am Ende dieses Montageabschnitts
ein Nacharbeitsplatz eingerichtet, an dem die Gesamtabstimmung
nochmals penibel überprüft wird. Wobei sich das Team der
Innenausstatter - wie an jedem anderen Montageplatz - in einem
bestimmten Rhythmus abwechselt. Demokratisch bestimmt übrigens, eine
hierarchische Struktur ist innerhalb der Gruppe unnötig - jeder ist
hier Profi.
Mit dem Lift gelangt der reifende Z8 dann ins zweite Obergeschoss,
zur technischen Abteilung. Während ein Stockwerk tiefer das Interieur
verbaut wurde, entstehen hier Fahrwerk und Antriebsstrang. Allein der
Montageplatz der Vorderachse erinnert an den Behandlungsraum eines
Zahnarztes - nur mit größeren Werkzeugen: Hinter dem Mechaniker
macht sich eine Werkstation mit vier verschiedenen, pneumatischen
Drehmomentschraubern breit, jeder mit einer anderen Einstellung - das
ganze Arrangement wurde im Übrigen zusammengestellt und entworfen von
den Mitarbeitern selbst. Mit diesem Werkzeugsatz schrauben sie aus den
entsprechenden Einzelteilen die komplette Vorderachse im Träger
zusammen – und prüfen zum Schluss mit einem elektronischen
Drehmomentschlüssel nochmal selber nach, ob alle Schrauben mit dem
vorgeschriebenen Anzugsmoment festgezogen wurden. Selbst dieser
Prüfschlüssel ist eine Sonderanfertigung; der integrierte Computer
gibt Reihenfolge und Werte der zu prüfenden Verschraubungen genau
vor.
Mit vergleichbarer Sorgfalt werden auch die übrigen technischen
Komponenten für die Hochzeit vorbereitet, auf die Verbindung von
Karosserie mit Motor und Fahrwerk: Ab jetzt gilt der Z8 als Auto, auch
wenn Stoßfänger, Schweller und Räder erst auf den folgenden Metern
montiert werden. Und die Türen: Die wurden parallel zur Karosserie
aufgebaut und abgestimmt. Was sich dabei hinter der edlen Vertäfelung
verbirgt, ist ein Komplex aus elektrischen und elektronischen
Komponenten, was höchste Sorgfalt bei der Montage verlangt.
Schließlich verfügt der Z8 serienmäßig über Seitenairbags, die im
Notfall auf die exakt vorausberechnete und getestete Weise Fahrer und
Beifahrer schützen. Gleichzeitig müssen Hoch- und
Mitteltonlautsprecher so in die Türbrüstung eingesetzt werden, dass
sie auch bei voller Leistungsausbeute des serienmäßigen 250
Watt-Verstärkers keine unerwünschten Nebengeräusche produzieren.
Dies gilt auch für die anderen Türsysteme wie Ausstiegsleuchten,
Fensterheber oder Ablagen.
Zum Abschluss werden alle Betriebsflüssigkeiten eingefüllt. Dann
kommt der große Augenblick - auch für die Mitarbeiter: Der Z8 wird
zum ersten Mal gestartet. Auch nach Monaten glänzen da und dort immer
noch die Augen. Per Aufzug schwebt der fahrbereite Z8 zurück ins
Erdgeschoss zum Finish. Das heißt - einmal mehr – alles noch mal
prüfen, dem gesamten Auto den letzten Schliff geben. Vom geräusch-
und ruckfreien Lauf der Fenster bis zum satten Schließgeräusch der
Schlösser wird der Z8 perfekt abgestimmt - um gleich darauf noch mal
geprüft zu werden: Akustik, Bremsen, Fahrwerkeinstellung und die
Dichtigkeit: Zweimal acht Minuten wird der Z8 mit der Qualität von
Dschungelregen geduscht. Nicht ein Tropfen Wasser darf dabei
eindringen, an keiner Stelle. Besonders die typisch neuralgischen
Punkte eines Cabriolets, das Verdeck und der Verdeckkasten, werden
dabei begutachtet und im Zweifelsfall nachbearbeitet.
Damit ist der Z8 fertig für die Jungfernfahrt, rund 30 Kilometer
im Stadtverkehr, auf Landstraße und Autobahn. Von langjährigen,
unfallfreien und besonders umsichtigen Testfahrern werden dabei alle
Funktionen bei offenem und geschlossenem Verdeck nochmals geprüft.
Natürlich mit der gebotenen Zurückhaltung: Bei 4000 bis 4500
Umdrehungen pro Minute oder Tempo 170 ist Schluss. Es sind
Kundenfahrzeuge.
Wenn er für die Auslieferung fertig ist, hat ein Z8 31
Montagestationen hinter sich mit jeweils rund 50 Minuten Stationszeit.
100 Mitarbeiter haben rund 1000 Teile und Komponenten zu einem Auto
zusammengesetzt. Zu einem besonderen Auto. Gebaut mit fachmännischer
handwerklicher Sorgfalt, bis ins letzte Detail - bis zur letzten
Station. Denn der Z8 Kunde hat Anspruch auf ein perfektes Auto.
(6. Oktober 2000)
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