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27. Mai 2003
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23. Mai 1928. Vor 75 Jahren auf der Avus in Berlin. Rüsselsheim/Berlin - 23. Mai 1928: Auf der Berliner Avus jagt ein zigarrenförmiger Rennwagen an über 3.000 geladenen und begeisterten Zuschauern vorüber. Hinter sich zieht er einen langen Feuer- und Rauchschweif her. Fritz von Opel, Unternehmer aus Rüsselsheim und Enkel des Firmengründers Adam Opel, hat die 24 Pulverraketen seines RAK2 nacheinander gezündet und mit 238 km/h einen neuen Streckenrekord aufgestellt. Insgesamt katapultieren 120 Kilo Sprengstoff den "Raketen-Fritz", wie er im Volksmund genannt wird, über die Rennbahn. Der Rüsselsheimer Urknall für das Raketen-Zeitalter erfolgt bereits im Herbst 1927. Nach einem Treffen mit dem Testpiloten und Raketen-Visionär Max Valier beschließt Fritz von Opel, sich aktiv an der Entwicklung eines neuen "Raketen-Motors" zu beteiligen. Zur Umsetzung dieses ehrgeizigen Zieles schließt Opel einen Vertrag mit Friedrich Wilhelm Sander, der sich bereits mit raketengetriebenen Rettungsgeräten einen Namen gemacht hat, mit denen Leinen zu gestrandeten Schiffen geschossen werden. Die Zusammenarbeit trägt bald erste Früchte: Am 12. März 1928 findet in Rüsselsheim unter Ausschluss der Öffentlichkeit der erste bemannte Raketenversuch der Welt auf der Opel-Rennbahn statt. Ebenfalls dort erreicht am 11. April 1928 ein RAK1 genannter Prototyp binnen acht Sekunden 100 km/h. Da die Höchstgeschwindigkeit auf der Rüsselsheimer Hausstrecke auf maximal 120 km/h begrenzt war, präsentierte Fritz von Opel den technisch und aerodynamisch verfeinerten RAK2 zu einer spektakulären Rekordfahrt am 23. Mai 1928 auf der Berliner Avus und stellte das neuartige Antriebssystem erstmals einer breiten Öffentlichkeit vor. Nach dem großen Erfolg setzt Fritz von Opel seine Experimente umgehend fort: Der unbemannte RAK3 - ein Schienenfahrzeug mit zehn Feststoffraketen - erreicht am 23. Juni 1928 auf Eisenbahngleisen bei Burgwedel vor 30.000 Zuschauern mit einem Durchschnittstempo von 180 km/h einen Schienen-Weltrekord mit 256 km/h. Bei einem weiteren Versuch im August 1928 wurde das gleichfalls unbemannte Schienenmobil RAK4, doppelt so schwer, jedoch mit 30 Raketen geladen, zerstört. Versuchsfahrten mit einem Opel-Motorrad, das er - ebenfalls im Jahr 1928 - mit einem 22 PS starken Einzylindermotor auf etwa 120 km/h beschleunigen will, ehe er im Leerlauf rollend nacheinander 6 Pulverraketen mit insgesamt 30 Kilo Sprengstoff zündet, werden aus Sicherheitsgründen behördlich untersagt. Doch im Jahr darauf wendet sich Fritz von Opel einer weiteren Pioniertat zu: dem raketengetriebenen Flugzeug. Sein Hochdecker mit doppeltem Leitwerk ist das erste speziell für Raketenantrieb konstruierte Flugzeug der Welt. Nach ausführlichen Schleppversuchen und Probeflügen zur Entwicklung der erforderlichen Treibsätze steigt der Abenteurer am 30. September 1929 erfolgreich mit dem "RAK I Friedrich" in die Lüfte. Auf dem Frankfurter Flughafen, damals noch auf dem Rebstock-Gelände gelegen, erreicht er eine Höhe von gut 15 Meter und legt in eineinhalb Minuten knapp zwei Kilometer zurück. Es ist der erste öffentliche Raketenflug in der Geschichte der Luftfahrt. Zum ersten Mal ist es einem Menschen gelungen, ausschließlich mit Raketenkraft zu starten und in einen Steigflug mit anschließendem Streckenflug überzugehen. Doch während des Fluges versagt der mit einem Akku betriebene Zündmechanismus für die Raketen, und Fritz von Opel landet unsanft in "ungeeignetem Gelände", wie es in Zeitungsberichten heißt. Die "RAK I Friedrich" ist zerstört, der Pilot unverletzt. Dies war der letzte Raketenversuch bei Opel. Danach wurden unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise die Experimente eingestellt und die Entwicklungskapazität des Unternehmens auf die Fahrzeugentwicklung konzentriert. (21. Mai 2003)
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